Ujjain

Ujjain ist eine der vier indischen Städte, in denen abwechselnd die Kumbh Mela stattfindet, einem religiösen Fest während dessen Millionen von Gläubigen im Fluss Shipra baden.

Dort angekommen, wollte ich gleich wieder abhauen. Na ja, habe mich wieder mal verschätzt, was die Größe einer Stadt angeht. Ujjain hat ca. 500.000 Einwohner. Auch nicht viel besser als Indore mit 1,5 Mio. In Indore hatte ich nur eine Übernachtung, das einzige Highlight war die Esskneipe abends.
Aber, ich zitiere einen Inder:

Ujjain, very better than Indore

Und als ich dann später die Ghats und die tolle Altstadt entdeckt habe, entschloss ich mich doch, zwei Nächte zu bleiben. Mein Hotel lag zwar strategisch wunderbar, aber an einer Kreuzung. Was das heißt, wissen nur Indienreisende. Huuup Huup! Da helfen auch die Ohrstöpsel nur dämpfend, da es helle durchdringende Töne sind.

In Ujjain befindet sich einer von 12 heiligen Shiva-Schreinen, der Jyoti Linga, im Mahakaleshwar Tempel! Dieser Lingam ist natürlich entstanden und verströmt angeblich shakti, die Urkraft. Er muss nicht erst wie bei anderen Lingams von einem Priester durch die rituelle Zeremonie „mantra-shakti“ aktiviert werden.

Da dachte ich, nichts wie hin. Diese Urkraft kann ich gebrauchen. Spaß beiseite, da ich schon mal da war, wollte ich das auch sehen. Gar nicht so einfach. Ich dachte bisher immer, ok, die Inder haben sonntags frei, da rennen alle Gläubigen hin. Nein, Irrtum, der Montag ist der besondere Tempelbesuchstag!

Da mich abends schon die Töne der Pujas von außen angezogen hatten, wusste ich, dass ich nur ohne Tasche und Kamera usw. in den Tempel darf. Also bin ich Montagmorgen nach dem obligatorischen Chai losgelaufen, hatte 50 Rs eingesteckt und lief auf meinen verdreckten Stinkesocken durch abgegrenzte Gitterpfade, die zugeschissen von Hunderten von Tauben stanken wie die Pest. Man hatte „etwas“ gefegt, und mit Wasser abgespritzt, was es auch nicht besser sondern auch noch die Socken nass machte.

Irgendwann nach 2 Sperren gelangte ich in einen größeren Vorhof, wo eine Riesenschlage Gläubiger stand. Ich erstarrte. Mindestens eine Stunde Wartezeit – denn alle wollen in das Innere, wo sich der Lingam mit der Urkraft befindet. Ich drehte ab (ich hasse Schlange stehen!) und erfuhr, dass ich für 151 Rs. den VIP-Eingang nehmen kann – für reiche Leute mit wenig Zeit! Tja, ich will ja keine Extrawurst sein, aber das war´s mir jetzt doch wert. Also wieder heimgelaufen, Geld eingesteckt, auf ein Neues.

Ich bin auf diese Weise sehr schnell und entspannt zu den winzigen Eingang gelangt, an dem sich die Gläubigen drängelten wie beim Zugbesteigen. Ich quetschte mich durch, musste aber erleben, dass es dann noch weiter durch enge Gänge in unterirdische Kammer ging. Nichts für klaustrophobische Menschen – aber das kennen die Inder ja eh nicht. Das Gedrängel war die Hölle. Da merkt man, dass sie viele zu viele Menschen sind, da gilt nur das Ich. Ich bin da immer noch zu höflich, zuvorkommend – aber nicht sehr lange, dann gucke ich auch, wo ich bleibe, bin ja schließlich in einer Familie mit 4 Kindern groß geworden.

Ok, irgendwann gelangte ich ins Innere des Innern. Was eine Hektik, jeder wollte den Lingam berühren, Milch drüber schütten, ihn küssen usw. – da hatte ich Touri-Vorteil. Mama Aufseherin verscheuchte eine alte Frau, ich durfte ran – und das zweimal. Dann drängte ich mich nach hinten und machte, das ich rauskam und steckte die Socken in den nächsten Mülleimer.

Tja, also mit meditativem Erleben hat das rein gar nichts zu tun. Da sitz ich doch lieber in einem kleinen Tempel und lasse dort die Stimmung auf mich wirken. Ein Foto von dem Lingam habe ich dann draußen in der Marktstraße gemacht.

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