Srinagar, Kaschmir

Fahrt in die Stadt

Kaschmir, Indiens nördlichster Bundesstaat ist seit dem 14. Jhd. islamisch. Auf 1700 m Höhe liegt Srinagar mit paradiesischen Seen, u.a. der Dal-Lake, auf dem bis in die 90er Jahre der Hausboottourismus und das Kunsthandwerk florierten. Seit 25 Jahren wollte ich hierher, leider konnte ich wegen dem Messebau nie im April, Mai dorthin reisen (wenn es wärmer wird) und ab 1995 gab es in Kaschmir starke Unruhen. Separatistische Bestrebungen, teilweise unterstützt von Pakistan waren die Ursache. Dann wurden auch noch Trekking-Touristen in den Jahren 1995-2000 ermordet. Tja, aber jetzt ist seit einigen Jahren wieder ruhig in Kaschmir, ein Glück für die vielen Hausbootbesitzer, Hotels und Kunsthandwerkläden. Die militärische Präsenz ist massiv, tangiert aber die Touristen nicht.

Am 16.4. landeten wir bei Sonnenschein in Srinagar. Fuhren mit dem Bus in die Stadt rein und stellten fest, dass die Gerüchte wahr waren: bei den Ausländern sind die Handys mit den indischen Telefonkarten gesperrt! Nur die Kaschmiris können hier telefonieren, aber auch keine SMS schicken. W-LAN, bzw. Wifi gibts hier bisher nicht. Die einheimischen Männer sahen aus wie in Afghanistan mit ihrem Poncho-Mänteln. Wir zogen ins Swiss-Hotel für 2 Nächte, um uns in Ruhe ein Hausboot auszusuchen. Liefen auch bald los, am Boulevard entlang, der die Grenze zum Dal-See bildet.
Irgendwann entschlossen wir uns zu einer Sichtung eines Teils des Sees mit einem Paddelboot (shikara). Nun war für uns klar, dass wir auf dem See in dieser Ruhe wohnen wollten und weit genug weg von dem lauten befahrenen Boulevard. Nun mussten wir nur noch ein Boot finden.


Eine traumhafte entspannte Erfahrung. Vorbei an aneinandergeklebten Hausbootsiedlungen bis zu einem Part, der von Wasserwiesen und Bäumchen gesäumt war (Floating Garden) und auf dem es sogar Shops wie Metzgereien, Läden von Schals und Klamotten und sonstigen Kunsthandwerk“Fabriken“ gab.

Wir waren erstaunt, dass nicht nur die Stadt, sondern auch der See super sauber waren, das Wasser klar, man konnte die Wasserpflanzen sehen, manche Leute würden vielleicht einige Algen erwähnen, aber ich wäre am liebsten schnorcheln gegangen. Vorne im Boot und in der Sonne sitzend, die Finger durchs Wasser gleitend, die vorbeifahrenden Shikara-Leute ansprechend – welch Genuss in dieser wie gemalt wirkenden Landschaft!

Zur Zeit sind Ferien und es gibt viele indische Touristen: aus Bombay, Madras, Kalkutta, den Andamanen … unglaublich! Und die wohnen fast alle auf einem Boot! Ich wurde nicht müde, ihnen von der Shikara aus fröhlich zuzurufen „Where do you come from?“ , genau so, wie sie mich seit Hunderten von Jahren „als und als“ immer wieder löchern.
Dazu kam, dass wir eigentlich ein Hausboot für uns alleine haben wollten, da keine Lust auf laute Zeitgenossen, aber die meisten haben 3-4 Zimmer. Und die bezahlbaren 2-Zimmer-Boote waren sehr primitiv. Viele Angebote, viele Schlepper, auch mal einer von der Houseboat-Association, einige Besichtigungen, vermittlende Shikarafahrer, die Suche gestaltete sich langwierig und nervig. Morgens gingen wir in diversen Verkleidungen los und erkundeten Srinagar.

Kurz und gut, es dauerte ganze 1,5 Tage, ein geeignetes bezahlbares Hausboot zu finden. Und zwar 15 Minuten vom Boulevard entfernt am „Golden Lake“, mit wenig Hausbooten und einer riesigen freien Wasserfläche.

Wir handelten einen HP-Preis für ein Zimmer (von zweien) auf einem tollen Boot heraus und waren glücklich, dass wir nun nach 4 Wochen in lauten Städten mal relaxen können. Und bisher hat keiner das zweite Zimmer gemietet. Die Inder kommen mindestens zu viert – also haben wir gute Chancen, das Boot alleine zu haben oder zwei interessantes Mitbewohner zu bekommen.
Bis zum 21.4. war es tagsüber ist es mittlerweile traumhaft warm, ab 19 Uhr wird´s kalt und geht nachts runter bis auf 5 Grad. D.h. Heizdecken und viele Klamotten anziehen, Mütze, Strumpfhosen usw. Danach hatten wir nachmittags und nachts oft mal Regen – man sagte uns, dass der April immer sehr gemischt ist in Srinagar. Na toll. Das blöde war nur, dass sich ohne Sonne tagsüber die Zimmer nicht aufwärmen und ab- und zu gibts auch mal stundenlang Stromausfall – mehr muss ich zu dem Thema nicht sagen.

Leider schwächelte Helga bald und bekam dann später auf dem Hausboot eine richtige Magen-Darmgrippe. Also zog ich teilweise alleine los. Bald kannte ich und einen „Frühstücksshop“ am Gate Nehru Place, wo es in Teig gewälzte frittierte Zwiebeln und Raita mit Tomaten, Zwiebeln und Cumin gab, hatte ich meinen Stamm-Chai-Shop, von dem aus man wunderbar beobachten und fotografieren konnte und immer neue Leute kennenlernte, ein Internetcafé mit Strippe für meinen Laptop und meine 2 kleineren Marktstraßen Nähe Boulevard, wo es Obst, Gemüse, Joghurt, Brot, Klopapier und immer was neues interessantes gab.

Eines morgens fuhr ich mit dem Hausbootsbesitzer und seinem Vater zum Pier Nehru Palce und nahm ein Tuk-Tuk, um zu einem kleinen Mogulgarten zu fahren. (Mogulgärten sind eine der Sehenswürdigkeiten in Srinagar. Den größeren wollte ich mit Helga nach deren Genesung machen.) Es war ein nett angelegter Garten mit Rasen und deutschen Blumen (Stiefmütterchen, Primeln, Goldlack und ein paar Magnolien. Schön, aber nichts besonderes für uns. Aber für die vielen indischen Touristen! So was kennen sie ja nicht. Dann lief ich zu Fuß eine halbe Stunde leicht bergan, um mir ein paar alte Steinmauern anzuschauen. Wenn es sich nicht eingetrübt hätte, wäre der Blick über den gesamten Dal-Lake fantastisch gewesen. Dann stoppte ich ein Auto und fuhr wieder bis zu meinen Marktstraßen und dem Chai-Shop.

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