Bundi

In Agra hatten wir zwar 1,5 Std. Verspätung, aber viel Spaß auf dem Bahnhof Agra Fort, wo wir die einzigen Ausländer waren. Eine Gruppe von Transvestiten in Saris mit allem Drum + Dran waren der Renner. Die indischen Männer standen in Doppelreihen um Helga und mich rum, mit offenem Mund und starrten uns an. Wo hat man denn sonst noch so eine Bewunderung?

Wegen der Verspätung dachte ich, dass wir auch mindestens 1 Std. später ankommen würden. Helga fragte mich morgens, wie wir wüßten, wann wir aussteigen. Und als ich gerade die Landkarte rausholen und Leute befragen wollte, fuhren wir in einen Bhf ein und Helga schrie: Bundi ! Ich lag noch oben noch mit allem drum und dran vom Schlafen! Also schnell aus meinem 3. Schlaf-Stock runter, Brille auf die Nase, alles rausgezerrt und ausgestiegen.

Nächste Überraschung: der Bahnsteig und der Bahnhof waren leer und sehr sauber. Draussen kein Mensch, dann kam ein Motorrad-Rikscha-Walla angeschlappt. Ich fragte ihn: Is this India??? Er wiegte grinsend sein Haupt. Wir hatten ja keine Verhandlungsbasis bei nur einem Gefährt, aber er übertrieb den Preis auch nicht. Für 60 Rs. fuhren wir die 7 km in das Städtchen rein. Wir fanden ein wunderschönes günstiges Zimmer in einem Haveli mit viel Charme mit Garten, das an einem kleinen See liegt. (Zur Info: ein Haveli ist ein typisches mehrstöckiges Haus aus Rajasthan, teilweise mit einem Innenhof, oben mit Bodengittern statt Innenhof wegen Luftdurchzug. Das bezeichnendste sind die vielen hohen Stufen, die man an einer Tour hoch- und runter schnauft.)


Herrlich hier. Man kann sich nicht sattsehen an dem normalen Leben in den Gassen, den Tempelchen und Havelis. In dieser Altstadt mit den blauen Bramahnenhäusern, dem malerischen Palast und der Festungfühle ich mich wie im indischen Mittelalter. Bundi war während der Blütezeit der Rajputen die Hauptstadt eines wichtigen Füstentums.

Leider ist die Stadt fest in den Händen von rotgesichtigen und -ärschigen Makaken, die oft wie Raudis durch die Gärten, Häuser und Dachgartenrestaurants ziehen und alles, was nicht niet- und nagelfest ist, fressen und zerstören. Vor ihnen muß man auch als Mensch auf der Hut sein, was ich bei der Besichtigung des Palace erfuhr.

4 Makaken blockierten ein Tor, nachdem sie meinen prallen Umhängebeutel gesehen hatten, fauchten mich an und sprangen auf mich zu. Ich rief um Hilfe und Helga holte den Wärter, der mir seinen Stock gab. Na prima! Stöcke mögen sie wohl nicht, und der Wärter ging wieder zu seinem Kabuff zurück. Allein ging es dann an den Affen vorbei, die sich dann an den Wänden herumdrückten. Später half ich noch einem Engländer, der die Unvorsichtigkeit begangen hatte, sein Buch kurz wegen Objektivwechsel abzulegen. 6 Affen klauten es, rissen es auseinander, frassen dran rum und verstreuten es in der Halle. Ein Affe versperrte dem armen Briten dann auch noch den Durchgang. Ich rief „wait, I help you“ und kam stockschwingend auf ihn zu, der Makake verschwand, und er konnte passieren. Gute Tat, oder?

einer der Makaken

Die normalen Gassen in der Altstadt sind voller Leben. Lässt man sich treiben, entdeckt man Läden und Tempelchen aller Art. Dann taucht – einfach so – ein schlüsselschwingender Inder auf und führt einen stolz in seinen Jaintempel.

ein Jantempel

Ab 17 Uhr beginnt das Gewerbeleben wieder auf den Märkten und in den Altstadtstraßen. Man kann sich nicht an der Vielfalt der Dinge, Präsentationen, Farben und Menschen sattsehen. Ab- und an findet man auch was praktisches, wie z.B. mein neuer Metallbecher, einen Gemüseschäler und eine Taschennäherei, die meinen Rucksack-Reißverschluss (für einen Appel und´n Ei) austauscht.

Und habe sogar die Spiegelsteinchen für meine Dekoketten habe ich entdeckt. Sie sehen zwar aus wie von Hand ausgeschnitten, aber die damaligen Dekoketten von der Messe waren auch nicht anders. Der Verkäufer war so lieb und hat mir sogar noch eine Halskette geschenkt. Wow! Dafür schicke ich ihm auch 2 Fotos von ihm. Und wenn man jeden Tag da auftaucht, kennen einem die Leute, man darf in den Lädchen drinnen sitzen und versteckte Fotos schießen.

Henna-Verkauf (die grünen Tüten)

Eine Fahrt durch die nahe Umgebung musste ich wegen Helgas Unpässlichkeit alleine mit einer Motorikscha unternehmen. Schaute mir das damalige Hotel von Kipling an, der dort am See ein Buch schrieb.

Es gibt hier in der Gegend unzählige von Rajas erbaute kleine Paläste, Hanumantempel und sonstige schönen alten Steinmauern. Manche waren allerdings nicht zu besichtigen, da fauchende, drohende Affenhorden einen ganz schnell den Rückzug antreten lassen.

Ich fuhr den langen Weg bis aufs Fort hoch und lief den Berg in 10 Minuten wieder runter bis nach Bundi.

Kam in einem anderen „Stadtteil“ raus, der ein Traum von Pastellfarben in Blau, Grün, Rosé und Gelb war.

Irgendwann dort in einer Gasse stand ein Devi-Tempel und ein etwas englisch sprechender Junge lud mich zum Mittagessen ein. Da saß ich nun zwischen den anderen indischen Essern und ließ mir ein Curry mit aufgeblasenen Brotfladen schmecken. Ich wollte nicht fotografieren, aber sie baten mich drum. Die Fotos habe ich inzwischen entwickeln lassen und werde sie per Post an sie schicken.

Essen im Tempel

Thema Gesundheit:

Seit Agra schon habe ich Tonnen von schwarzem Gekrotzel in meiner Nase, ein Kratzen im Hals und leichten Husten. Ursache ist wohl eine Mischung von Abgasen, dem heißen Wind (falls überhaupt Wind), Ventilatoren und geschwächtem Immunsystem. Der Ayurveda-Apotheker gab mir Pülverchen und nach einem Tag schon war eine deutliche Besserung zu spüren. Helga hatte einen vollen Tag Toilettenaufsichtsdienst, mittlerweile ist der Dünnpfiff fast erledigt.

Generell zum Thema Essen und Trinken:

Abends, ob am See oder über den Dächern von Bundi, trinke ich kaltes (!) Bier und esse vegetarisch. Wir haben ein Restaurant mit Wifi gefunden, das von einem Italiener, der keiner ist, mit seinem Bruder geführt wird. Und hier habe ich eine super Pizza und am Tag drauf echt italienische Pasta gefuttert. Toll, mal was anderes nach all den Monaten!

der nicht italienische Inder

Habe mit Helga zusammen bei einer alten Mama „Kochkurs“ gemacht. War nicht einfach, mit ihr abzustimmen, was wir kochen, denn sie hatte einen ganz eigenen Kopf. Laufend wollte sie mit Pickles aufschwätzen, aber die mag ich nicht besonders. Außerdem sollte es etwas sein, was auch Helga als Laie schnell zu Hause anwenden kann. Also setzte ich mich durch: keine Pickles, keine indische Fladen, dafür aber was mit Tamarinde (für meine Fortbildung) und ein vegetarisches Curry. Das von uns bestellte Mittagessen durften wir gleich mitkochen: Okraschoten gefüllt mit Masalapaste.

Die Hitze von ca. 40 Grad Celsius (trocken, man schwitzt nicht) macht Helga mehr aus als mir. Sie kann bei der Hitze (zumindest von 11 – 17 Uhr) gar nichts machen. Ich cruise durch die Altstadtgassen, meine Energie ist noch halbwegs ungebrochen, die Farben, Eindrücke und Erlebnisse mit den Menschen sind mein Motörchen.

Nach 4 Tagen Bundi (ich komme in 2 Jahren wieder, diesmal aber Anfang März) fuhren wir mit einem Sleeper-Nachtbus ohne Klo nach Jodhpur. Wir hatten ein „Doppelbett“ mit Schiebetür, Parzellenhöhe ca. 60 cm, leider ganz hinten im großen Bus über der Achse. Wir waren sozusagen oben, und unter uns gab es normale Liegesitze. Eigentlich sah das ganze recht bequem aus – wenn da die schlechten Straßen nicht gewesen wären. Es wurde einer der schlimmsten Horrortrips, die ich je hatte. Teilweise flogen wir 10 cm hoch, das Hin- und Hergeschüttel war da schon vernachlässigenswert. Uns gings echt schlecht: Helga mit ihrem geschädigten Magen, ich mit dem Bauch voller köstlicher Auberginen-Penne! Ist aber alles eine Sache des Kopfes: Helga musste nicht aufs Klo und ich nicht kotzen! Interessanterweise hatten wir wohl doch einige Minutenschläfchen, denn trotz dieser Quälerei waren wir irgendwann morgens in Jodhpur aufgewacht.

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