Man sollte sich ja auch mal richtig einlassen, wenn man das Land so liebt, dachte ich, als ich die Einladung annahm. Und zwei Tage und eine Nacht kriege ich irgendwie immer hin, bevor ich meinen Rappel kriege. Also gut.
Vorgeschichte: Ich lernte kurz vor der Fährenabfahrt nach Ambon am 9.1. eine Holländische Molukkerin (Augustina) kennen. Eine Seelenverwandtschaft – (und natürlich auch Zwilling) – sie lachte aus vollem Hals, war offen und hilfsbereit, einfach ein offener Mensch, den man auf Anhieb sympathisch findet. Mit dem Plus, dass ausgezeichnet Deutsch sprach. Vor der Abfahrt tauschten wir noch schnell die persönlichen Daten und schon auf der Fähre nach Ambon verloren wir uns aus den Augen.
Ich staunte nicht schlecht, als ich sie am darauffolgenden Tag auf der Fähre zurück nach Saparua wieder traf. Sie musste auf einen 1-night-stand wie ich nach Ambon (zum Visa-ATM-Automat) und fuhr nun wieder zurück zur Familie nach Saparua. Ich hatte Frank nach Ambon wegen seines Rückfluges begleitet und machte noch Einkäufe und tankte auch Geld. Aber über solche Banalitäten wie Geldholen, hatten Augustina und ich am Tag vorher gar nicht erst gesprochen. Um so besser war jetzt das Wiedersehen und wir machten ab, dass wir uns unbedingt nochmal treffen werden. Sie fährt erst am 17. nach Lombok, und ich bleibe ja eh hier.
Im Homestay angekommen stellte ich befriedigt fest, dass ich an dem Tag der einzige Gast war und genoss meine Ruhe. Die war nach einer Stunde zu Ende, denn es hielt ein Bemo und ca. 8 Personen ergossen sich über unser Terrain. Augustina mit Familienanschluss war gekommen, um mich mit nach Itawaka zu nehmen.
Zurück zum „Also gut“. Ich packte meinen Krempel, und während dessen beguckten die Frauen der Familie mein Zimmer, genossen meine Hängematte, gingen 10x aufs Sitzklo und fielen über einige meiner gekauften Sachen her wie die Heuschrecken. Zeit, abzufahren, sonst wären meine Früchte aus Ambon auch noch weg gewesen. (Man muss ja immer gucken, wo man bleibt.)
Schnell noch zum Supermarkt, Bier + Wasser kaufen und ab ging´s nach Itawaka. Dort wurden wir wie die Könige empfangen. Augustina teilte mit mir Zimmer und Bett, die Matratze war eher ein vernachlässigungswerte 5 cm- Unterlage und ich stöhnte schon innerlich, da ich noch eine Rückenverspannung hatte.
Das Mittagessen um 15 Uhr war reichlich, danach gabs eh alle Stunde neues Zeug zu essen. Was die Indonesier so futtern geht auf keine Kuhhaut. Kein Wunder, dass sie ab 30 wie Tonnen aussehen. Denn sie bewegen sich auch nicht. Ich drängte gegen 17 Uhr auf Aktion. Aber anstatt einem Gang durchs Dorf und durch ein Waldstück zum Schnorcheleck, gingen wir nur 50 Meter, und ich musste dann von der Dorfmauer aus losschwimmen. Vor dem Dorf war ein ganz nettes Riff und ein süßer kleiner Whitetippriffhai war ganz schön neugierig auf mich. Toll. Und gut, dass ich die Flossen anhatte, denn ohne sie hätte ich selbst in dem bisschen Strömung alt ausgesehen. (Hab ich mir zur Regel gemacht, immer komplett zum Schnorcheln, man weiß nie, was passiert.)
Es war insgesamt ein herrlicher Abend, ich lernte das halbe Dorf kennen, da sie alle die Touristin sehen wollten und erfuhr viel Internes von Augustina. Die Bemofahrtkosten kamen auch zur Sprache. Ich war davon ausgegangen, dass für die Familie das Bemo kostenlos war. Aber das ist es nie. Die Familie organisiert immer alles, aber die Fremden zahlen. Eigentlich ganz klar, oder? Dasselbe galt dann auch für das Boot am nächsten Tag. Mit dem 46-jährigen Sohn, Hilfspfarrer + 8 kindrigen Sohn des Hauses teilte ich 2 Bier, und um 21 Uhr wurden wieder zum Essen gebeten. Ich aß einen Anstands-Unterteller voll und legte mich ins Bett. Wurde wach, als ich die Schnarcher meiner netten Bettnachbarin hörte. Dass ich eine schlechte Nacht hatte, brauche ich gar nicht erst erwähnen.
Eigentlich seltsam, dass man sich auf so was in Asien einlässt, aber nie in Deutschland, oder? Ich kannte die Dame vor einem Tag noch nicht, jetzt schlafe ich in ihrem Bett und bin Familienmitglied. Die Indonesier sind so unglaublich lieb, geben echt alles für die Gastfreundschaft. Fühlte mich wie ein Politiker oder eine Königin, die jeden Wunsch den man überhaupt je haben könnte, schon erfüllt bekommt. Laufend sagten sie c(h)antik -schön, streicheln meine Beine (natürlich nicht die Männer), wo die Haare wieder stachlig nachwachsen und tätscheln meine Wangen. Laufend soll ich mich setzen, essen, trinken, sie wollen meine Kleider waschen, präparieren mein Mandi usw… Ist aber auch sehr anstrengend. So viel Aufmerksamkeit bin ich nicht gewohnt. Und will ich auch nicht. (In der Anonymität liegt auch viel Freiheit).
Um 7 Uhr wurde schon für´s Picknick gebrutschelt, denn unser Ziel war eine kleine Bootsfahrt um die Inselecke herum mit „Bergbesteigung“ zum Grundstück der Vorfahren im Urwald. Mir haben sie das ganze mit Schnorchelstop verkauft, sonst wäre ich noch nicht mal Augustina zuliebe mitgegangen, aber Einzelheiten habe ich eh nicht erfahren.
Das Ende vom Lied war, dass Augustina, Julian und ich uns durch den Urwald hoch- und runter quälten -aber immer mit der hilfreichen Hand von Julian zum Halten sowie als Träger fungierend für meinen Umhängesack , während Nichten und Tanten mit 2 Kids am Strand unten im Schatten warteten, „müde“ waren und sonstwas an den Gliedern hatten. (Die sind echte Couchpotatoes). Und der Aufstieg zum Mount Moni war wirklich was für mich. Überall entdeckten wir Früchte wie Pala: Muskatnuss, Nelken, etwas mangoähnliches, etwas man schon von weitem riechen konnte und nur aufsammeln musste und frisch geschlagene Palmsprouts. Das ein oder andere wurde sofort mit dem Buschmesser, das uns meist den Weg freihaute, geschält und auf der Handfläche serviert – also 1 A. Wir sahen Pflanzen, die Gemüse waren, also auch ein Thema was mich super interessiert und mein Überleben im Urwald durch diese Kenntnisse sichert – wollen wir hoffen, dass ich das nie brauche …).
Als wir um die Mittagszeit naßgeschwitzt mit unserer Beute (inkl. exotischer Blumen) wieder am Strand bei der Familie ankamen, hatte auch ich nach einem halben Tag endlich wieder Hunger. Köstlicher Kokosreis mit Raücherfisch in Colo-Colo-Limonen-Sojasauce getaucht. Und sie fuddelten für Augustina und mich (die zahlenden Gäste) sogar die essbaren Fischteile grätenfrei auseinander! Wow! Und versuchten mich zu überreden, dass ich noch eine Nacht bleibe. Nee, nee. Dieses Kümmern, so lieb es auch ist, aber immer mit 5-10 Leuten um mich rum ,das geht auf Dauer nicht für mich.
Der einzige Wehmutstropfen dieses Ausfluges war, dass wir zu spät vom 2. Strand los und in einen schrecklichen Regen kamen. Denn der Schnorchelspot für mich war an einem anderen Grundstück der Familie, sprich Garten, und alles schleppte Kokosnüsse, Gemüse, Ananas bei.
Wir kamen klatschnass im Dorf an, meine Tasche mit Kamera glücklicherweise in einen Plastiksack gestopft, konnten dann auch noch nicht anlegen, da Flut und kein Platz. Es wurde alles an Land geschmissen und nackige kleine Jungs fischten alles zusammen. Natürlich die Wertsachen nicht, die wurden wie die alte Tante, irgendwie mit 10 Händen weitergegeben. Diese Auslad-Variante war auch neu für mich.
Als ich wieder trocken war, besserte sich meine kurzzeitig miese Laune schlagartig, aber ich wollte endlich weg. Wir guckten noch die Fotos auf dem Laptop, arrangierten ein Ojek und ab gings.
Eine tolle Erfahrung, habe viel erlebt, gelernt und erfahren dank Augustina. Und ein ernst zu nehmende Angebot bekommen: wenn ich irgendwann mal in Not bin in Indonesien, sie helfen mir immer, ich habe überall, wo die Familie lebt, einen Platz zum Schlafen und würde nie verhungern. Das ist doch auch ein gutes Gefühl, oder?
Ich bin da übrigens in einer gläubigen Gemeinschaft gelandet,und wir haben auch viel über ihre Gemeinden und die Probleme mit den Moslems, die hier immer noch laufend aufflammen, gesprochen. Tja, und das war auch für Frank und mich neu: im September gabs Probleme in Ambon, (es wurden sogar Touristen ausgeflogen), im Dezember in Saparua. Gut, dass es in der Welt nicht so erwähnt wurde, sonst wäre wieder die Panik ausgebrochen. In Ambon war es wieder was Hochgebauschtes zwischen Christen und Moslems, in Saparua 25 Tote bei Zwist zwischen 2 christlichen (!) Gemeinden.