Die Zugfahrt oder Es kommt immer anders als man denkt

Man durchdenkt oft so viele Möglichkeiten bei problematischen Sachen, nur auf das, was das Problem nachher auslöst, kommt man einfach nicht.
So geschehen kürzlich in Goa.

Der Zug nach Nasik sollte in Goa nur 2 Stationen südlich von Thivim eingesetzt werden, da dachte ich: Super, der startet pünktlich, ich steige um 22.30 Uhr ein und bin morgens 10.30 Uhr ausgeschlafen in Nasik. Denkste!

Ich fuhr also mit dem Taxi von Arambol eine Stunde nach Thivim-Station und war pünktlich da. Stand etwas rum und wunderte mich über die Massen an Motorikschas und Menschen, die an dem kleinen Bahnhof in der Pampa waren. Nachdem ich rumgefragt hatte, waren viele Züge zig Stunden zu spät. Ich bemitleidete noch jemand, dessen Zug erst um 4 Uhr morgens ging. Wenn ich es geahnt hätte!

Plötzlich stand mal wieder ein Zug da, der in meine Richtung fuhr, ich aber nicht wußte, was Sache ist und fragte den „Stationmaster“. Als er meine Zugnummer hörte, meinte er nur trocken, dass mein Zug erst morgens früh ca. 8 Uhr abfährt. Ich dachte, ich hätte mich verhört. Nein, 11 Std. Verspätung – wegen Nebels. Was??? Nebel in Goa? Nein, in Dehli. Hallo? Aber ich fahre doch gar nicht in den Süden von Dehli aus, sondern in den Norden. Dann kapierte ich es: der Zug kommt ursprünglich aus Dehli, fährt nach Goa – „dreht“ da und geht wieder retour. Ha!!! Wer hätte das gedacht? Ist eine Sonderzug einmal die Woche.

Da ich gut relaxt war und sämtliche Genüsse Goas gekostet hatte, blieb ich relaxt. Es gab einen Ladies Retire Room, der auch nicht kalt war, das Klo war ok und wir waren nur zu viert. Ich ging relaxt in der Zufahrtsstrasse zum Bahnhof noch ein Bier kaufen, packte meinen Schlafsack aus, machte es mir auf den Fliesen bequem, las, trank und legte mich irgendwann zur Ruhe. Die Männer lagen bis auf wenige draussen und schnatterten in der nächtlichen Goa-Kälte, zugedeckt mit ihren Sarongs.

Morgens fuhr dann mein Zug gegen 9 Uhr ab, hatte mittlerweile 13 Std. Verspätung. Im Zug war alles relaxt, viele schliefen, schnarchten, schnatterten – das ging den ganzen Tag so. Verhungern und verdursten tut man eh nicht im Indischen Zug – nur den Restaurantwagen hatten sie vergessen anzuhängen.

Irgendwann wunderte ich mich über das viele Warten unseres Zuges und man erklärte mir, dass dieser Zug sozusagen „außer der Reihe“ fährt und alle schnellen Züge vorbei lassen muß. Und da in Indien die Strecken meist nur einspurig sind und Überholen nur an Bahnhöfen geht, kann man sich vorstellen, wie oft wir stundenlang rumstanden.

Irgendwann war klar, dass ich nicht, wie im Hotel bereits telefonisch angekündigt, um 24 Uhr eintreffen würde. So langsam war ich etwas groggy und an groß Schlafen war auch nicht zu denken, da nachts im Zug ein weiteres Phänomen auftaucht: Wo und wann muss man aussteigen?

Die wenigsten Bahnhöfe sind fett beleuchtet, selten sieht man den Namen, der manchmal nur auf einem einzigen Schild steht. Es gibt keine Ansagen und rausgucken kann man auch nicht, da die Schläfer die Vorhänge vorgezogen haben. Die Zugtüren waren zu, aber nicht verschlossen, (nix Vollautomatisches) aber ich kapierte nicht, wo ich überall was lösen musste, denn mit „Griff runterdrücken“ war´s nicht getan. Gut, dass ich frühzeitig dran dachte und mir von einem „Pisser“ zeigen liess, wie das geht – denn das würde einem jetzt noch fehlen, dass man zwar nicht seinen Bahnhof verschlafen hat, aber die Tür nicht aufbekommt.

Irgendwann war klar, dank meiner 3G Internetanbindung und WhatsApp mit Frank in DA, dass ich noch 70 km vom Ziel entfernt war. Frank meinte, in 2 Std. sei ich da, es seien noch 2 Stationen. Es wurden 3 Std., da wir noch eine weitere Stunde standen und 6 Super-Express-Züge passieren liessen.

Ich hatte seit dem Mopedfahren in Goa noch Google Maps auf dem Handy, das mir satellitenmäßig zeigte, wo ich war! (Gelt, da staunt ihr, was ich mittlerweile so alles kann!!!) Das blöde war nur, dass das Netz nicht immer da war – hi hi !!!!!

Aber ich hatte Glück, das Netz stabilisierte sich 20 km vor Nasik, und meine Augen folgten abwechselnd der Geschichte auf dem Kindle und dem rollenden Punkt des Navis und ich schaffte knapp den Ausstieg, denn plötzlich ging dann doch alles ganz schnell. Der Rest war Routine, denn es gab auch um 2.30 Uhr noch eine Motorikscha, die 10 km mit mir durch die Kälte raste, die schlafenden Angestellten im Hotel reagierten auf unser Gitterrütteln und öffneten.
Thema Ende – Ziel erreicht – alles gut!

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